Dettmer, Nikos w. wehr

NIKOS W. DETTMER


In Glasvitrinen stehen zierliche Bronzefiguren, Schachspieler, Kaffee¬hausgäste, Musiker. Obwohl sie keine Gesichter tragen, zeigen sie Gefühle:
Freude, Muße, Erregung, Konzentration. Daneben, auf Podesten, schreien Gesichter den Betrachter geradezu an:
Opernfiguren aus Verdi- und Mozart-Opern, Rigoletto und Osmin, mit weit aufgerissenen Mündern, sichtbar, fühlbar gemachte Leidenschaft. "Die Psychologie liegt ihnen im Gesicht", erklärt der Bildhauer, Maler und Au¬tor Nikos W. Dettmer. Die "Männlein", wie er seine zierlichen Bronze¬plastiken nennt, drücken Emotionen im Körperlichen aus. wehr.de

Die Plastiken stehen im Wohnzimmer der Familie in einem romanti¬schen 50er-]ahre -Haus mit Naturgarten in Gars am Inn. An den Wänden hängen Zen-Zeichnungen. Auf dem geräumigen Arbeitstisch entstehen zur Zeit Illustrationen für drei Kinderbücher. Dettmer arbeitet in und mit der Familie, seinen drei Kindern und seiner griechischen Frau Ina. Die Kunst greift ins Leben, das Leben in die Kunst. Das ist Voraussetzung für Dettmers künstlerisches Schaffen:
"Das Beschäftigen mit Menschen drückt sich in Kunst aus", sagt der 34jährige gebürtige Westfale, "was entsteht, entsteht". Die kraftvollen Opernfiguren entstanden aus der intensiven Beschäftigung mit Musik. Für Verdi und Mozart hat er eine leidenschaftliche Liebe. Dettmer liebt die Heiterkeit, und sie vor allem möchte er in seinen Kunstwerken vermitteln. Auch bei den schweren Opernfiguren sieht er "das gewisse Puppentheater dahinter".
Das vielfältige Beschäftigen mit Menschen führte Dettmer zum vielfältigen künstlerischen Ausdruck. Neben dem Bildhauern und Malen (Blütenimpressionen und Landschaftsszenen aus Kreta, wo der Künstler einige Jahre lebte) hat Dettmer, der in München Religionsphilosophie und Theaterwis¬senschaften studiert hat, die Liebe zum Wort neu- und wiederentdeckt. "Ich schrieb schon als Kind", sagt er, nun ist das Schreiben für mich der logische Entwicklungsschritt vom Bild zum Wort." Drei Kinderbücher hat er inzwischen fertig getextet. Weitere sind in Planung und Arbeit.
Ein anderes, faszinierendes Arbeitsgebiet ist für den vielseitigen Künstler, der in Schwabing einige Jahre die Galerie .La Ina" betrieb, die
Zen-Malerei. In der Tradition der asiatischen Tuschemalerei entstehen Motive aus einem Strich - Tiere und Abstraktionen. Voraussetzung dafür ist die schwierige meditative Leistung, das Zielbewußtsein vollkommen auszuschalten und das Zeichnen passiv zu erleben. "Man macht es - es macht dann alleine", beschreibt Dettmer diesen besonderen Zustand des Loslassens, den auch Geübte nur selten erreichen. Diese wunderschönen, transzendentalen Bilder reinster Harmonie sind die Belohnung für den Verzicht auf den - eitlen - Glauben an das eigene Können. Welchem Künstler gelingt dies heute schon?



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